Vollkasko, Teilkasko, Haftpflicht – richtig versichert?

„Runter vom Gas“ zeigt auf, welche Schäden die unterschiedlichen Versicherungsprodukte abdecken - und welche nicht.

02. Dezember 2021
3 Minuten

Alle 14 Sekunden passiert auf deutschen Straßen ein Verkehrsunfall. Dabei kommt es neben tragischen Personenschäden auch zu einer großen Zahl an Sachschäden – von der kleinen Beule in der Motorhaube bis zum Totalschaden. Gut, wenn man in einem solchen Fall richtig versichert ist. Doch zwischen Haftpflicht-, Teilkasko- und Vollkaskoversicherungen verliert man schnell den Überblick. Und was hat es eigentlich mit den Telematik-Versicherungen auf sich? „Runter vom Gas“ verschafft einen Überblick:

Kfz-Haftpflichtversicherung: Ohne geht nicht

Wie der Name bereits verrät, ist die Haftpflichtversicherung eine gesetzliche Pflichtversicherung – ohne sie darf ein motorisiertes Fahrzeug nicht auf öffentlichen Straßen gefahren werden. Geregelt ist dies im Pflichtversicherungsgesetz. So muss die Versicherung laut Gesetzestext „durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden“ decken (PflVG §1). Damit sind jedoch vor allem Schäden auf Seiten des Unfallgegners gemeint – also Schäden, die der Fahrzeughalter anderen Verkehrsteilnehmern und gegebenenfalls den eigenen Mitfahrern zufügt. Reparaturen, die in Folge eines Unfalls am Auto des Unfallverursachers notwendig sein könnten, sind somit nicht in der Versicherung enthalten.

Gesetzlich festgelegt ist außerdem die Mindestversicherungssumme, also die Summe bis zu der ein Versicherer verpflichtet ist, die Kosten zu übernehmen:

  • 7,5 Millionen Euro für Personenschäden 
  • 1.220.000 Euro für Sachschäden
  • 50.000 Euro für reine Vermögensschäden

Die Verbraucherzentrale rät jedoch dazu, einen Vertrag mit höherer Deckungssumme abzuschließen, da die Kosten bei schweren Verkehrsunfällen – beispielsweise bei Massenkarambolagen – schnell die Mindestversicherungssumme übersteigen können. 

Kaskoversicherungen: Für Neuwagen unverzichtbar

Wer sich einen Neuwagen oder ein gebrauchtes, aber neuwertiges Fahrzeug leistet, sollte darüber nachdenken, neben der gesetzlichen Pflichtversicherung eine zusätzliche freiwillige Versicherung abzuschließen – eine sogenannte Kaskoversicherung. Diese Zusatzversicherung ersetzt die Haftpflichtversicherung nicht, sondern kann nur in Verbindung mit ihr abgeschlossen werden. 

Obwohl sie keine Pflichtversicherung ist, besitzen rund 85 Prozent aller Pkw-Fahrenden eine Kaskoversicherung.

Je nach Alter und Verwendungszeck des Fahrzeugs (z. B. privat oder beruflich)  und Erfahrung des Fahrenden kann sich entweder eine Teilkasko- oder eine Vollkaskoversicherung lohnen.

Die Teilkaskoversicherung übernimmt Schäden am eigenen Fahrzeug, wenn diese durch äußere Einflüsse – nicht aber durch eigenes Verschulden – verursacht wurden. Dazu gehören unter anderem:

  • Glasbruch
  • Sturm, Hagel, Blitz oder Überschwemmung
  • Wildunfälle
  • Marderbiss
  • Diebstahl des gesamten Fahrzeuges oder einzelner Teile

Ist das Fahrzeug sehr alt und hat keinen nennenswerten Wiederverkaufswert, lohnt sich oft selbst eine Teilkaskoversicherung nicht. Denn: Nur der Zeitwert des Autos ist versichert. Das heißt: Selbst bei einem Totalschaden zahlt die Versicherung nur einen Bruchteil des ursprünglichen Kaufpreises.

Bei Fahrzeugen die nicht älter als fünf Jahre alt sind, lohnt sich in der Regel das Abschließen einer Vollkaskoversicherung. Diese zahlt nämlich auch, wenn der Schaden von einem selbst verursacht wurde. Also beispielsweise nach selbstverschuldetem Unfall. Deshalb ist die Vollkasko auch für Fahranfängerinnen und -anfänger sinnvoll, denn sie haben statistisch ein deutlich erhöhtes Unfallrisiko.

So wird der Versicherungsbeitrag berechnet

Egal ob Haftpflicht-, Teilkasko- oder Vollkaskoversicherung: Die Höhe des Versicherungsbeitrags hängt von einigen Faktoren ab. Die wichtigsten sind:

  • Höhe der Deckungssummer: Je höher die maximale Versicherungssumme, desto teurer der Beitrag.
  • Regionalklasse: In Städten sind Kfz-Versicherungen oft teurer als auf dem Land.
  • Typklasse: Fahrzeugtypen, die statistisch besonders häufig verunfallen, sind teurer versichert.
  • Berufsgruppe: Für einzelne Berufsgruppe gelten besondere Tarife (beispielsweise Beamte oder Landwirte).
  • Schadenfreiheitsklasse: Umso länger man unfallfrei fährt, desto weniger zahlt man.

Eine Vielzahl weitere Merkmale kann Einfluss auf den Betrag haben, unter anderem die Fahrleistung, die Stärke des Motors und die Anzahl und das Alter der Personen, die das Fahrzeug nutzen.

Eine Sonderheit der Kaskoversicherungen: Hier kann mit dem Versicherer eine Selbstbeteiligung vereinbart werden. Der Versicherte zahlt dann einen Teil entstehender Schäden selbst, wodurch der Versicherungsbeitrag reduziert werden kann.

Telematik: Achtsames Fahren lohnt sich

Eine alternative Form der Beitragsberechnung bieten sogenannte Telematik-Versicherungen. Die Höhe der Versicherungsprämie orientiert sich neben den üblichen Faktoren hierbei an der Fahrweise des Versicherten. Diese wird über ein im Auto installiertes GPS-Gerät erfasst und direkt an den Versicherer weitergeleitet. Unter anderem werden die gefahrenen Geschwindigkeiten, das Brems- und Beschleunigungsverhalten und das Fahrverhalten in Kurven gemessen.  Daraus wird ein Score berechnet, der aussagt, wie achtsam – oder unachtsam – eine Fahrerin oder ein Fahrer das Fahrzeugt führt. Je rücksichtsvoller und defensiver das Fahrverhalten, desto geringer die zukünftige Versicherungsprämie.

Gerade für junge Fahrerinnen und Fahrer kann sich ein Telematik-Tarif lohnen. Da sie als besonders unfallgefährdet gelten, zahlen Fahranfängerinnen und -anfänger vergleichsweise hohe Versicherungsprämien. Wer durch das Telematik-System eine sichere und defensive Fahrweise nachweisen kann, kann Kosten sparen. 

Doch die Telematik steht auch in der Kritik – vor allem Datenschützer zeigen sich besorgt. So sammeln Versicherer eine große Anzahl von personenbezogenen Daten, die ihnen Aufschluss über das Bewegungsprofil und somit das Privatleben der versicherten Person geben. Dabei ist oft nicht klar, wie die erhobenen Daten verwendet werden und wie sie sich auf die Prämienberechnung auswirken. Der Bund der Versicherer (BdV) bemängelt, dass viele Tarife bezüglich der Datennutzung intransparent seien. 

Alkohol am Steuer: Keine versicherte Sache

Wer sich betrunken hinters Steuer setzt, riskiert nicht nur die eigene Gesundheit und das Leben anderer – allein im Jahr 2020 kamen 156 Menschen bei Alkoholunfällen im Verkehr ums Leben, 4.106 wurden schwer verletzt – und empfindliche Strafen bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Wer alkoholisiert in einen Unfall verwickelt ist, muss damit rechnen, dass die Leistungen der Voll- und Teilkaskoversicherung stark gekürzt werden. Das gilt übrigens schon bei relativer Fahruntüchtigkeit, also ab 0,3 Promille und auch, wenn man nicht hauptverantwortlich für den Unfall ist. Bei grober Fahrlässigkeit, also beispielsweise bei einem Blutalkoholwert über 1,1 Promille, kann der Versicherer die Leistung auch komplett verweigern.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung bleibt hingegen von solchen Leistungseinschränkungen aufgrund von Fahrlässigkeit ausgenommen. Das heißt: Das Unfallopfer geht auch dann nicht leer aus, wenn der Unfallfahrer betrunken war. Allerdings kann der Versicherer vom Verursacher eine Regress-Zahlung von bis zu 5.000 Euro verlangen.

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